HOHENWERFEN:
Salzburg / Bez. St.Johann im Pongau / Werfen

 

Lage:

Die Burg Hohenwerfen liegt in 660 Metern Höhe auf einem 140 Meter hohen, von der Salzach umflossenen Felskopf. Das Salzachtal war schon im Mittelalter eine wichtige Nord-Südverbindung, ähnlich wie heute wo die Burg von der stark befahrenen Tauernautobahn gut sichtbar ist.
Heute wird das Aussehen der Burg von den spätmittelalterlichen Erweiterungen geprägt: eine ausgedehnte Vorburg mit runden Batterietürmen, die die Geländestufe unterhalb der Vorburg umfasst. In erstaunlichem Ausmaß hat sich aber auch hochmittelalterliche Bausubstanz im Bereich der Burgkapelle und des Saalbaus („Mushaus“), das heute das Restaurant beherbergt, erhalten. Es sollen hier nur die hochmittelalterlichen Teile der Burg beschrieben und die spätgotischen Befestigungen ignoriert werden.

 

Hohenwerfen: Totale aus Richtung Osten. Der romanische Saalbau ist rot unterlegt, teilweise hinter spätgotischen Zubauten versteckt
Rekonstruktion der romanischen Burg Hohenwerfen
Rekonstruktion der romanischen Burg mit Saalbau und Kapelle (nach P. Schicht), ausgestellt im Museum im "Kokskeller".

Burgkapelle:

Die romanische Burgkapelle (im Plan orange dargestellt), von der sich auf zwei Ebenen noch bedeutende Teile erhalten haben, ist der älteste erhalten Teil der Burg. Sie liegt an der Südostecke der Hochburg und kann im Rahmen der Führung besichtigt werden.
Allerdings unterscheidet sich die romanische Kapelle vom heutigen Bestand erheblich.
Sie war, was ungewöhnlich ist, nicht nach Osten sondern nach Süden orientiert und hatte wahrscheinlich quadratischen Grundriss.  Die Ostwand war gegenüber dem Saalbau um etwa 5  Meter zurückversetzt.
Erhalten ist davon die Ost- und eine Teil der Nordseite.
Die Südwestecke muss vor dem 16. Jahrhundert auf Grund Fundamentversagens abgestürzt sein.
Bei Wiederaufbau wurde die Kapelle gegen Osten gedreht und erweitert, weßhalb die Kapelle heute wie eine Verlängerung des Saalbaus wirkt.

Krypta:

Die Krypta liegt unterhalb des Fußbodenniveaus der heutigen Burgkapelle und ist über die Stiege, die von der Burgkapelle in den Holzzwinger führt erreichbar. Von einem Zwischenpodest führt eine rundbogige Türe in den längsrechteckigen,  genordeten Raum. An der südlichen Schmalseite ist ein vermauerter Chorbogen zu sehen, was sich dahinter befand ist nicht mehr erkennbar. Heute führt ein kleiner Lichtschlitz durch das 3 Meter starke, neuzeitliche Mauerwerk ins Freie.

An der Nordseite ist durch Wandpfeiler ein 2.5 x  2.5 Meter großer Raum ausgeschieden, der mit einem Kreuzgratgewölbe versehen ist. Das Gewölbe wurde über einer einfachen, rohen Bretterschalung gemauert, deren Abdrücke noch deutlich zu sehen ist. Eine Bemalung, die heute bis zur Unkenntlichkeit verbleicht ist, wurde direkt (also ohne Putz) auf das Gewölbe aufgebracht.
An der Westseite des kleinen Raumes ist eine vermauerte Öffnung zu einem weiteren Raum erkennbar, in dem der direkte Abgang von der Kapelle zu Krypta zu vermuten ist.

Hohenwerfen
Hohenwerfen: Tonnengewölbe in der Krypta, Blick gegen Süden
Hohenwerfen: Tonnengewölbe in der Krypta, Blick gegen Norden
Hohenwerfen: Tonnengewölbe in der Krypta, Blick gegen Norden
Hohenwerfen: vermauerter Chorbogen an der Ostseite der Krypta
Hohenwerfen: vermauerter Chorbogen an der Südseite der Krypta
Hohenwerfen: Freskenreste am Gewölbe der Krypta
Hohenwerfen: Freskenreste am Gewölbe der Krypta

Die zweigeschoßige Burgkapelle wurde durch Umbauten des 16.Jahrhunderts (im Plan grün dargestellt) stark verändert, als der ursprünglich gegen Süden auskragende Chorbereich wahrscheinlich durch Fundamentversagen einstürzte. Die Kapelle wurde daraufhin um 90 Grad gedreht und die heute erhaltene, gegen Osten gerichtete Apsis  errichtet. Dabei wurde zu diesem späten Zeitpunkt das für die Romanik typische Motiv der auskragenden Kapellenerkers verwendet. Gleichzeitig wurde dadurch der ursprüngliche Rücksprung zwischen Kapelle und Palas beseitigt und so die heutige fast 40 Meter lange, gerade durchlaufende Fassade geschaffen. Vom Holzzwinger aus ist die Baufuge zwischen Palas und der erneuerten Kapelle deutlich zu sehen. Diese endet aber über dem Restaurant, ein Hinweis, daß das oberste Geschoß erst mit diesem Umbau errichtet wurde.

Hohenwerfen: Kapellenerker
Hohenwerfen: Der Kapellenerker stammt aus dem Totalumbau von 1565
Hohenwerfen: Burgkapelle Schnitt gegen Süden
Hohenwerfen: Burgkapelle Schnitt gegen Osten. Romanische Teile orange, spätere Umbauten grün

Romanische Fresken:

Von der ursprünglichen, doppelstöckigen  Kapelle des 12. Jahrhundert sind die Nordwand und ein Teil der Ostwand mit bedeutenden Freskenresten erhalten geblieben.
Die untere Hälfte dieser Fresken ist heute in der Kapelle zu sehen, die obere Hälfte nicht ganz standesgemäß im Vorraum zu den Toiletten des Restaurants. Massive Beschädigungen entstanden durch den Einbau eines Gewölbes im 16. Jahrhundert.

Im Erdgeschoß der ehemaligen Kapelle ist an der Nordseite im Bereich zwischen zwei Türöffnungen die Darstellung einer auf einem Pferd mit sieben Drachenköpfen reitenden, festlich gekleideten Frau zu erkennen, die als „Hure Babylon“ gedeutet wird. Dieses Thema aus der Apokalypse wurde in den Zeiten des Investiturstreites als Synonym für das mit der Kirche verfeindete Kaiserreich verwendet.

Hohenwerfen: Darstellung der "Hure Babylon"
Hohenwerfen: Darstellung der "Hure Babylon"
Hure Babylon, Detail : das Fußbrett des Damensattels
Hure Babylon, Detail: das Fußbrett des Damensattels

In der Türlaibung findet sich der „Werfener Ritter“,die lebensgroße Darstellung eines Ritters mit gezogenem Schwert in der typischen Rüstung des 12. Jahrhunderts. Das Kettenhemd mit angearbeiteter Kapuze wird über einem knöchellangen Unterhemd getragen. In einer Hand hält er ein Schwert mit gerader Klinge, in der anderen einen langen mandelförmigen Schild mit der Aufschrift: VENIAT.MUND.NULL.TRANSIBIT.INULTUS (Hier kommt keiner ungestraft vorbei).

Werfener Ritter
Werfener Ritter
Hohenwerfen: Darstellung eines sich bückenden Mannes
Hohenwerfen: Darstellung eines sich bückenden Mannes

In einer zweiten vermauerten Türe an der Nordseite ist das stark zerstörte Fresko eines Mannes zu sehen, der sich bückt um einen runden Gegenstand aufzuheben.
Da die Freskenausstattung der Kapelle älter als der Saalbau ist, müssen die beiden Türen ursprünglich ins Freie geführt haben.

Auf zwei Emporen, die ebenfalls aus neuzeitlichen Umbauten stammen, sind mehrere Kelchblock- und Knospenkapitelle verbaut, bei denen es sich durchaus um Spolien aus der mittelalterlichen Kapelle handelt könnte.

Hohenwerfen: Kapitell auf der Nord-Empore
Hohenwerfen: Kapitell auf der Nord-Empore
Hohenwerfen: Kapitell

Von der Ostseite der romanischen Kapelle hat sich ein nur 2 Meter langes Stück erhalten, das durch den Abgang zum Holzzwinger noch weiter beeinträchtigt wurde. Erhalten ist ein Rundfenster mit zangenförmigen Querschnitt (darinnen noch Reste des hölzernen Rahmens!) und daneben ein kreisrundes Medaillon, das die Form des Rundfensters aufgreift. Das Rundfenster wurde schon durch den Saalbau verstellt, ein deutliches Indiz daß die Kapelle älter ist als der Saalbau.

Hohenwerfen: Rundfenster an der Ostseite der Kapelle
Hohenwerfen: Rundfenster an der Ostseite der Kapelle
Hohenwerfen: Fresken an der Ostseite der Burgkapelle
Hohenwerfen: Fresken an der Ostseite der Burgkapelle

Weitere Fresken aus dem 1. Obergeschoß der Kapelle wurden erst um 1980 bei Umbauarbeiten aufgedeckt. Sie stellen über einer Vorhangzone wahrscheinlich die 12 Apostel dar.
Die Ostseite wurde leider durch den Ausbruch einer Türe zu den neu errichteten Toiletten des Restaurants völlig zerstört, was nicht gerade eine Sternstunde der vorrausschauenden Bauforschung darstellt.

Hohenwerfen: Apostel im ehemaligen Obergeschoß (Empore ?) der Burgkapelle
Hohenwerfen: Apostel im ehemaligen Obergeschoß (Empore ?) der Burgkapelle
Hohenwerfen: Apostel, Detail
Hohenwerfen: Apostel, Detail

Der Saalbau:

Der Saalbau (im Plan rot dargestellt) schließt als 15x33 Meter langer 3-stöckiger Bau nördlich an die Kapelle an und bildet auch heute noch das Hauptgebäude der Burg.
Der hochmittelalterliche Bau hatte 3 Geschoße: zwei teilweise in, bzw. an den Fels gestellte Kellergeschoße und ein „Erdgeschoß“ , das heute wie damals vom Burghof aus ebenerdig lag, von der Talseite gesehen aber schon fast 18 Meter hoch und dadurch zum Tal hin eine beeindruckende Schauseite bot.
Der Aufgang zur Burg führte so wie heute an der Rückseite des an die Felswand gestellten Gebäudes, zwischen dessen West-Wand und dem Felsen 3 Stockwerke nach oben zum Burghof. An dieser Treppe lagen zwei primäre Türöffnungen in den Palas : Eine in das 1. Kellergeschoß und eine weitere in den Saal.

 

 

Hohenwerfen: Ostfassade des Saalbaus
Hohenwerfen: Ostfassade des Saalbaus: mit (von unten) Kokskeller, Tischlerei, Saalgeschoß und sekundärem Obergeschoß. Links die um 1560 errichtete Apsis derBurgkapelle.
Hohenwerfen: Grundriss Saalbau und Kapelle auf Niveau Kokskeller und Krypta
Hohenwerfen: Grundriss Saalbau und Kapelle auf Niveau Kokskeller und Krypta

2.Kellergeschoß: sogenannter Kokskeller

Neben dem spätgotischen Burgtor führt heute eine Türe in das - als Museum genutzte - unterste Geschoß. (Dort ist auch das oben gezeigte Burgenmodell ausgestellt).
Der einheitliche, etwa 14 x 30 Meter große Raum wird durch 6 quadratische Pfeiler gegliedert, die eine gerade Holzdecke trugen. An den Pfeilersockeln und der West- und Südwand ist noch der abgearbeitete Burgfelsen zu erkennen. Heute ist der Raum mit einem spätgotischen Ziegelgewölbe versehen, das zumindest bei dem Großbrand von 1931 gute Dienste als Brandabschnitt leistete.
An der Ostwand haben sich 5 primäre Lichtschlitze erhalten. Diese liegen heute etwa 5 Meter über dem Niveau des im 15. Jahrhundert aufgeschütteten Holzzwingers und etwa 11 Meter über dem ursprünglichen Niveau.
Ein baugleicher Lichtschlitz an der Südseite ist ein weiterer Beweis, dass die Kapelle ursprünglich gegenüber der Saalbaufront zurückgesetzt war. So ist auch die in den Saalbau einspringende Ecke der Kapelle im Süden des "Kokskellers" zu sehen.
Die Nordost-Ecke des Saalbaus ist heute im Verlies des Fallturmes zu sehen und gibt einen Eindruck der ursprünglichen Höhe.

 

 

Hohenwerfen: Ostfassade des Saalbaus
Hohenwerfen: Holzzwinger mit Ostfassade des Saalbaus; Lichtschlitze von Kokskeller und Tischlerei. Rechts der Fallturm.
Hohenwerfen: Ecke des romanischen Saalbaus im Fallturm
Hohenwerfen: Ecke des romanischen Saalbaus im Fallturm

1.Untergeschoß: sogenannte „Tischlerei„

Von einem Zwischenpodest der Haupttreppe führt eine primäre Türe in die sogenannte Tischlerei, die großteils analog zum darunter liegenden Geschoß ausgeführt ist. Die Laibung der Türe stammt noch aus der ersten Bauphase und zeigt keinen Riegelkasten, die Türe dürfte also schon im sicheren Bereich innerhalb einer Ringmauer gelegen sein.
Die 6 Mauerpfeiler aus dem darunter liegenden Geschoß werden mit leicht reduziertem Querschnitt bis zur Decke der Tischlerei geführt und dort in Rundbögen zu einer durchgehenden Mauer zusammengefasst. Sie bilden damit eine in Längsrichtung des Gebäudes verlaufende Zwischenmauer, auf der die Fußbodenkonstruktion des darüber liegende Saalgeschoßes aufliegen konnte. Die ursprüngliche Decken lag dabei an den Längsseiten auf Streichbalken auf, die wiederum von eingemauerten Konsolen getragen wurden.

 

Hohenwerfen: Grundriss des Saalbaus auf Niveau der Tischlerei
Hohenwerfen: Grundriss des Saalbaus auf Niveau der Tischlerei

Saalbau Erdgeschoß:

Das mittelalterliche Saalgeschoß entspricht zur Gänze dem heutigen Bestand im Bereich des Restaurants, ist aber durch Vermauerung der ursprünglichen Fenster und durch neuzeitliche Zwischenwände stark verunklärt.
Die ursprünglichen Fenster sind an der Aussenseite noch gut zu erkennen: Dort sind an der nördlichen Schmalseite 3 runde Tuffsteinbögen zu erkennen, die heute teilweise vermauert, teilweise von neuzeitlichen Rechteckfenstern belegt sind. Ursprünglich dürfte es sich dabei um den Mauerbogen über einer Bifore oder Trifore handeln. Die mittlere der drei Fensternischen ist heute durch die Längstrennwand verstellt, die dadurch als in dieser Etage sekundär ausgewiesen wird. Das östliche der drei Fenster ist heute nur noch mit viel Verrenkung vom Dachboden des Fallturmes aus zu sehen.

 

An der Längsseite lassen sich 2 weitere Biforen an der Nordostecke nachweisen. Weitere 4 bis 5 Bifore dürfen über die gesamte Schauseite im Osten vermutet werden.
Auf Fotos die den ausgebrannten Saal nach dem Brand von 1931 zeigen (im Vorraum des Restaurants ausgestellt), kann man auch auf der Hofseite gleichartige Fensternischen erkennen.
Das Saalgeschoß dürfte also ein 15 x 30 Meter großer Raum mit äußerst repräsentativer Durchfensterung gewesen sein, in dessen Südwest-Ecke die ältere Kapelle eingeschnitten hat. Dort dürfte es auch einen Zugang zur Kapelle gegeben haben, deren Geschoße zum Palas um ein halbes Stockwerk versetzt liegen.

Hohenwerfen: Tuffsteinbogen einer vermauerten Bifore
Hohenwerfen: Tuffsteinbogen einer vermauerten Bifore
Hohenwerfen: Romanisches Mauerwerk am Saalbau, Holzzwinger
Hohenwerfen: Romanisches Mauerwerk am Saalbau, Holzzwinger

Außer Kapelle und Saalbau lassen sich auf der sehr ausgedehnten Anlage keine Bauten des 12. Jahrhundert nachweisen. Möglich wäre noch alte Bausubstanz an der Nordseite, in Verlängerung der Palas-Schmalseite. So ist im Bereich über dem heutigen Burgtor keine Baufuge zwischen Saalbau und anschließender Ringmauer zu erkennen. Wie weit das romanische Mauerwerk gegen Westen reicht kann nicht geklärt werden, weil es dort durch das Zeughaus von 1568 verstellt und durchgehend verputzt ist.

 

Hohenwerfen: nördliche Schmalseite des Saalbaus
Hohenwerfen: nördliche Schmalseite des Saalbaus
Hohenwerfen: Mauerwerk an der Nordseite über dem Burgtor
Hohenwerfen: Mauerwerk an der Nordseite über dem Burgtor

Nachweislich nicht hochmittelalterlich ist der runde Glockenturm, der oft fälschlich als Rest eines Bergfrieds interpretiert wird.

 

Hohenwerfen: Glockenturm, vom Pfauengarten aus gesehen
Hohenwerfen: Glockenturm, vom Pfauengarten aus gesehen
Hohenwerfen: Südfront mit Glockenturm (link) und Kapelle (rechts)
Hohenwerfen: Südfront mit Glockenturm (link) und Kapelle (rechts)

Quellen und weitere Informationen: