Schauenstein am Kamp
NÖ / Bez. Zwettl / Gem. Krug

Schauenstein am Kamp: Grudriss und Baualterplan.
Schauenstein am Kamp: Grudriss und Baualterplan.

Die Burgruine Schauenstein steht in beeindruckender Lage hoch über einer Schleife des Kamp. Sie ist eine der wenigen Burgen Österreichs von der sich ein Rundblick bietet, der durch keinerlei neuzeitliche Bauten gestört ist: Von hier aus sieht man kein einziges Haus, keine Straße, keinen Strommasten. Erst in den letzten Jahren kam ein Wahnsinniger auf die Idee unmittelbar dort, wo sich der Besucher dieses ungestörten Ausblickes erfreuen sollte, ein scheußliches Senderkastl aus Hartplastik zu installieren.

Der Grundriss ist für eine österreichische Spornburg klassisch: Eine polygonale Ringmauer, deren Verlauf vom Gelände vorgegeben ist, davor ein massiver Halsgraben, ein frontal gestellter 5-eckiger Keilturm, daneben das eingezogene Flankentor, innen an die Ringmauer angestellte Wohngebäude.

Schauenstein am Kamp: romanisches Burgtor.
Schauenstein am Kamp: romanisches Burgtor.

Schauenstein am Kamp: romanisches Burgtor, Innenseite.
Schauenstein am Kamp: romanisches Burgtor, Innenseite.

Der Großteil der Ringmauer dürfte noch aus der Zeit um 1200/1250 stammen, und ist bis auf ein Stück im Süden noch in voller Höhe erhalten. Sie besteht aus großformatigem Bruchstein, der lagig verlegt wurde und mit pietra rasa verfugt wurde, wobei die Stoß- und Lagerfugen mit Kellenstrich betont wurden. An vielen Stellen ist der Fugenmörtel über die Jahrhunderte stark ausgewaschen, wodurch sich ein vom Originalzustand stark abweichendes Bild der Mauerwerksstruktur ergibt. Die Mauerstärke der Ringmauer variiert zwischen 100 und 150 cm, an den gefähretsten Stellen im Nordwesten wurde sie schildmauerartig auf über 2 Meter verstärkt.
Im Bereich hinter dem Flankentor ist noch eine Teil einer gemauerten Treppe zu sehen, die ursprünglich wohl auf einen Wehrgang auf Zinnenhöhe geführt haben dürfte.

Schauenstein: verfugtes Mauerwerk der Ringmauer.
Schauenstein: verfugtes Mauerwerk der Ringmauer.
Schauenstein: Mauerwerk der Ringmauer mit ausgewaschener Verfugung.
Schauenstein: Mauerwerk der Ringmauer mit ausgewaschener Verfugung.

Der beeindruckende Bergfried sprengt in seiner Dimension das in Österreich Übliche: der 5-eckige Keilturm ist über 30 Meter hoch bei einer Seitenlänge von etwa 10 Metern. Die Spitze ist gegen die Angriffsseite gerichtet und ist dort in die an dieser Seite schildmauerartig verstärkte Ringmauer eingebunden. (Der Zwickel zwischen Bergfried und torseitiger Ringmauer ist von nirgendwo begehbar und müßte daher ein Paradies für einen bergsteigerisch begabten Archäologen sein! ). In den unteren Stockwerken ist der Innenraum 4-eckig, d.h. die spitze Kante ist massiv ausgeführt und erreicht dadurch eine Stärke von über 6 Metern. Erst in den oberen Stockwerken, die aus einer Aufstockung aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts stammen, sind auch die Innenräume fünfeckig und daher wesentlich geräumiger. Hier sind im Sinne eines Kompartimentmauerwerks 2 bis 3 Steinlagen zu einer Arbeitshöhe von etwa 60 cm Höhe zusammengefasst, die durch eine durchgehende Abgleichschicht getrennt sind.

Schauenstein am Kamp: Mauerwerk im Basisbereich des Bergfrieds.
Schauenstein am Kamp: Mauerwerk im Basisbereich des Bergfrieds.
Schauenstein: Mauerwerksstruktur im Bergfried im Bereich der Aufstockung um 1270/1280.
Schauenstein: Mauerwerksstruktur im Bergfried im Bereich der Aufstockung um 1270/1280.

An der Hofseite wurden die Lichtschlitze zu breiten Rechteckfenstern erweitert. Trotzdem fehlen die üblichen Hinweise auf Bewohnbarkeit (Abtritt und Beheizbarkeit). Der Hocheinstieg liegt an der Westseite, also nicht an der völlig geschützten Hofseite, sondern gegenüber dem ursprünglichen Palas. Unterhalb der Wehrplattform, die auch heute noch begehbar ist (Schlüssel im Ort Krug) lag ein überdachter Wehrgang, der an einer umlaufenden Reihe von Balkenlöchern und einer aussen leicht reduzierten Mauerstärke zu erkennen ist.

Schauenstein: Bergfried
Schauenstein: Bergfried

Schauenstein: Bergfried Hofseite.
Schauenstein: Bergfried Hofseite.

Die geringen Reste des ersten romanischen Palas sind im Bereich der heutigen Torhalle nachweisbar, wo noch zwei Lichtschlitze in einer nur etwa 80 cm starken, aus kleinteiligem Mauerwerk erichteten Mauer erhalten sind. Alles andere ging bei der Errichtung der Ringmauer umd dem Neubau des Palas um 1300 verloren. Damals wurde der Palas in seinem heutigen Grundriss errichtet und die Ringmauer innen durch eine weitere Mauer doubliert. Die Baunaht zwischen der älteren Ringmauer und der gotischen Doublierung ist heute im Bereich der verlängerten Lichtschlitze im Erdgeschoss und durch die verfallsbedingte Neigung der jüngeren Mauer besonders deutlich zu erkennen.

Die Kapelle wurde im 13. Jahrhundert östlich an den Palas angebaut, an einer Stelle an der die polygonale Ringmauer genau gegen Osten verläuft. Sie lag im 1. Obergeschoss und hatte einen direkten Zugang vom Palas auf eine Westempore. Vom Chorbereich sind nur der vermauerte Chorbogen und der Rest einer Rundapsis erkennbar, die auf der verstärkten Ostmauer des Untergeschosses stand.
Im 14. Jahrhundert wurde das Burgtor an die heutige Stelle, unterhalb der Kapelle verlegt und die Kapelle zu einem Torturm umgebaut. Dabei wurde auch die Hofseite der Kapelle abgebrochen und diese um etwa einen Meter gegen den Hof hin verbreitert. Das ursprüngliche Tor neben dem Bergfried war nach der Errichtung eines vorgelagerten Zwingers von außen nicht mehr erreichbar. Rechts über dem gotischen Burgtor ist ein vermauerter Erker zu erkennen, der wie ein Abtritt aussieht, was allerdings im Bereich der Kapelle nicht wirklich Sinn macht. Möglicherweise wurde also die Kapelle nachträglich innen an die Ringmauer angestellt und dabei ein älterer Abtritt stillgelegt und vermauert.

Schauenstein: Reste der Rundapsis der Burgkapelle.
Schauenstein: Reste der Rundapsis der Burgkapelle.

Schauenstein am Kamp: sekundäres. gotischen Burgtor unter der Kapelle.
Schauenstein am Kamp: sekundäres. gotischen Burgtor unter der Kapelle.

Um 1300 wurde der romanische Wohnbau abgebrochen und an seiner Stelle ein "moderner" mehrstöckiger, frühgotischer Palas errichtet.
Das Erdgeschoß war wohl ein wenig belichteter Lagerraum, der an der Aussenseite die Lichtschlitze des Vorgängerbaus nutzte.
Im 1. Obergeschoss wurde eine beheizbare, hölzerne Stube errichtet, deren Abdrücke in der Ringmauer noch deutlich erhalten sind, weil die Ringmauer  dubliert, also um etwa 60 cm verstärkt wurde.
Im 2. Obergschoss führte eine Rechtecktüre auf die Westempore der angrenzenden Kapelle. Eine gerade Kante im 2. Obergeschoss der gotischen Mauer, die auf den ersten Blick wie eine Türe wirkt aber keine Fortsetzung in der Ringmauer hat, dürfte ein in die Doublierung eingemauerter Wandschrank gewesen sein. Leider ist die Hofseite des Palas, an der sich die einzigen Fenster befunden haben, völlig verschwunden.

Schauenstein am Kamp: Abdrücke der Blockwerkstube.
Schauenstein am Kamp: Abdrücke der Blockwerkstube.

Schauenstein: Aufmass von Torturm, Kapelle und Wohntrakt mit Blockwerkstube.
Schauenstein: Aufmass von Torturm, Kapelle und Wohntrakt mit Blockwerkstube.

Schauenstein: vermauerte Türe vom Palas zur Kapelle.
Schauenstein: vermauerte Türe vom Palas zur Kapelle.

Schauenstein:  Dublierung der Ringmauer im Bereich der Blockwerkstube.
Schauenstein: Dublierung der Ringmauer im Bereich der Blockwerkstube.

Ebenfalls im 14. Jahrhundert wurde östlich der Kapelle ein weiterer, mehrstöckiger Wohntrakt angebaut, von dem heute nur noch die Hofseite erhalten ist, während die Ringmauer in diesem Bereich abgestürzt ist. Das Gebäude war 2-geschossig über einem etwas erhöht liegenden Kellergeschoss, das mit mehreren querrechteckigen Fenstern belichtet wurde. Zwischen Kellergeschoss und Erdgeschoss sind keinerlei Hinweise auf eine Deckenkonstruktion, wie etwa Balkenlöcher oder Gewölbeansätze, zu erkennen.
Das Erdgeschoss hat mehrere in zwei Ebenen angeordnete Fenster, was ein Hinweis auf eine weitere Stube sein könnte.
Der Eingang lag im Bereich des heutigen Treppenaufgangs zur Kapelle, wo ein breiter, vermauerter Torbogen zu sehen ist. An der Hofseite lassen sich an den Rechteckfenstern noch geringe Spuren von rechteckigen Putzfaschen erkennen, sowie eingemauerte Holzdübel, an denen wohl Fensterläden befestigt waren.

 

Schauenstein am Kamp: gotischer Wohntrakt, Hofseite.
Schauenstein am Kamp: gotischer Wohntrakt, Hofseite.

Schauenstein am Kamp: gotischer Wohntrakt, Gebäudeinnenseite.
Schauenstein am Kamp: gotischer Wohntrakt, Gebäudeinnenseite.

Schauenstein: Putzfasche an einem Rechteckfenster
Schauenstein: Putzfasche an einem Rechteckfenster

Schauenstein: Holzdübel für Fensterläden.
Schauenstein: Holzdübel für Fensterläden.

An der dem Tor gegenüberliegenden Seite ist der Rest eines weiteren kleiner Wohnturms erhalten, der im 15. Jahrhundert errichtet und um 1550 zu einem länglichen Wohntrakt erweitert wurde,  dessen obere Stockwerke über einen runden Treppenturm erreichbar waren.

Die an Hand von Balkenlöchern und Verputzflächen nachweisbare Verbauung am talseitigen Ende des Burghofs ist völlig verschwunden. Eine Rechtecktür in der Ringmauer gewährt einen spektakulären Blick in das unverbaute Kamptal.

Schauenstein: Blick vom Bergfried in den Burghof.
Schauenstein: Blick vom Bergfried in den Burghof.

Schauenstein: blick ins Kamptal mit Schatten des Bergfrieds.
Schauenstein: blick ins Kamptal mit Schatten des Bergfrieds.