Der Turm von Winklern
Kärnten / Bez. Spittal a.d.Drau

 

Winklern 1865 Winklern 2000; Ausbauten 19.Jh retouschiert
1860 2001

Im Zentrum des kleinen Ortes Winklern , am Fuße des Großglockners steht dessen Wahrzeichen, der spätromanische Wohnturm. Ob er Teil einer größeren Burganlage war, oder nur ein freistehender Turm ist nicht ganz klar. Bis vor kurzem jedenfalls war er an zwei Seiten von Gebäuden verbaut, die dann für den Neubau eines Altersheimes abgebrochen wurden.

Der Turm, wie er sich heute präsentiert, ist stark geprägt von Um- und Zubauten des späten 19. Jahrhundert. Die Zeichnung des Kärntner Malers und Zeichners Markus Pernhart aus dem Jahr 1861 gibt Auskunft über das ursprüngliche Aussehen des Turmes. Die beiden obersten Geschosse wurden erst nach 1860 aufgesetzt, die großer spitzbogigen Fenster im 4. OG in die Zinnen des romanischen Turmes eingesetzt.

Der ursprüngliche Turm war also um etwa 10 Meter niederer als heute, und auch das steile Dach ist eine Erfindung des ausgehenden 19.Jhd. Auf Pernhart's Zeichnung hatte der Turm noch ein einfaches Pultdach, das auf einer Seite auf der Oberkante der Zinnen auflag, also wohl nur ein Notdach war. Das Stadtwappen von Winklern zeigt den Turm in seiner ursprünglichen Form.

Meine Beschreibung beschränkt sich auf die mittelalterlichen Teile des Turmes, die neuzeitlichen Zubauten werden ignoriert.

Der Turm von Winklern hat mehrere Eigentümlichkeiten, die ihn vom üblichen Turm unterscheiden. Eine davon ist sein Grundriss und seine geringe Grundfläche : Er formt ein leicht verzogenes Rechteck von nur 7 Meter Breite und etwa 9,5 Meter Länge. Der Turm steht auf leicht abfallendem Gelände, das keinerlei natürlichen Schutz bietet, mit seiner Schmalseite gegen das Tal gerichtet. Trotz der geringen Außenmaße bietet der Turm ausreichend Wohnfläche, weil die Wandstärke mit ca. 95 cm für ein Gebäude dieser Höhe relativ gering ist. Die Wandstärke nimmt nach oben hin nur geringfügig ab, wodurch sich eine einheitliche Nutzfläche von etwa 40 m2 pro Etage ergibt, also insgesamt 160 m2 auf 4 Etagen.

Grundriss Kellergeschossder heute zerstörte, gewölbte Gang an der Hangseite des TurmesEine weitere Eigenheit von Winklern ist, daß der Turm primäre Eingänge auf jeder einzelnen Etage hatte, auch im Keller und im Erdgeschoss. Der Eingang im Kellergeschoss ist ein weiteres Unikum, wie ich es noch auf keiner anderen Burg so gesehen habe: An der bergseitigen Ecke liegt ein nicht versperrbares rundbogiges Tor, das in einen tonnengewölbten Gang führt. Dieser führt entlang der bergseitigen Schmalseite des Turmes, bis zur anderen Seite des Turmes. Dort liegt eine versperrbare Rechtecktüre, die ins Innere des Turmes führt. Der Sinn und Zweck dieser Anlage ist mir ein völliges Rätsel. Hinter der Tür liegt ein schlecht belichteter Kellerraum von etwa 30 m2 Fläche .


Die Erschließung der oberen Stockwerke lag nicht im Inneren des Turmes, sondern an seiner Außenseite. Der Einstieg ins 1.OG lag an der Westseite, die Einstiege ins 2.OG und 3.Og an der bergseitigen Schmalseite. Die ursprüngliche Zugang zum 1.Og war eine Rechtecktüre an der Westseite, die später zu einem Lichtschlitz vermauert wurde. Es hat noch zwei asymmetrisch gelegene Lichtschlitze an der Talseite, und einen weiteren an der Ostseite. Der ursprüngliche Fußboden fehlt großteils, bestand aber aus einer über die Längsseite des Turmes gespannte Holzbalkendecke. Das bergseitige Ende des Turmes hatte in dieser Etage einen massiven Fußboden, der auf dem tonnengewölbten Gang im KG ruhte.

Das 2.OG hatte seinen Zugang an der bergseitigen Schmalseite. Heute führt eine Blocktreppe an der Außenseite empor, die der originalen Treppe sehr ähnlich sein dürfte. Die Türe ins 2.OG ist heute vermauert, und das Geschoss nur von unten einsehbar, weil der Fußboden völlig verfallen ist. Dieser war eine über die Schmalseite des Turmes gespannte Balkendecke, die trotz der geringen Spannweite von nur 5.5 Metern noch von einem über die Längsseite gespannten Unterzug unterstützt wurde. Das 2.OG zeigt heute an der Talseite zwei große rundbogige Fenster mit Sitznischen. Die Fensteröffnungen stammen in diesem Ausmaß aus dem späten 19.Jahrhundert, als zwei kleine romanische Rechteckfenster wesentlich vergrößert wurden. Die Änderung im Mauerwerk ist außen deutlich erkennbar.

Bergseite des Turmes : Aufstockung des 19.Jhd retouchiertwiklern_03.jpg (51959 Byte)Das 3.OG war das eigentliche Wohngeschoss des Turmes. Es hat an der Talseite eine 4-teilige Fenstergruppe, bestehend aus 3 kleinen spitzbogigen Trichterfenstern und einem runden Trichterfenster mittig darüber. Daneben ein einzelner, einfacher Lichtschlitz. An der Ostseite, direkt neben der Fenstergruppe ein großes, offensichtlich rezentes Rechteckfenster, das wahrscheinlich ein weiteres einzelnes spitzbogiges Trichterfenster ersetzt hat. Neben dem Rechteckfenster eine kleine, hochgelegene Rechtecköffnung in einer sich nach oben erweiternden Mauernische. Dabei dürfte es sich um den Rauchabzug eines Ofens handeln.

An der Westseite, neben dem Lichtschlitz ist eine vermauerte Türe erkennbar. Sowohl die Türe als auch deren Vermauerung dürften neuzeitlich sein.

Die Eingangstüre zum 3.OG lag an der bergseitigen Schmalseite, etwa einen halben Meter über dem Fußbodenniveau. Der Fußboden war eine über die Schmalseite gespannte Balkendecke, die auf eingemauerten Riemlingen auflag. Der Fußbodenaufbau über der Balkenoberkante läßt sich noch mit etwa 30 cm Höhe messen . Der Fußboden ist heute so brüchig, daß der Raum nicht betreten werden sollte, und nur von der Türe aus eingesehen werden kann.

Über die Wehrplatte läßt sich nicht viel sagen, weil der Aufstieg über das 3. OG hinaus den Lebensmüden vorbehalten bleiben muß. Jedenfalls liegt zwischen der Zinnenunterkante und der Decke über dem 3.Og nur 120 cm, woraus ich schließe daß nicht genug Platz für eine Flachdachkonstruktion vorhanden war , und er ursprüngliche Turm ein Pyramidendach hatte, daß auf der Oberkante der Zinnen auflag.

An der Außenseite des Turmes lassen sich noch Reste eines hölzernen Ganges auf Höhe des 3.Og erkennen. An den beiden Längsseiten sind auf Fußbodenhöhe abgesägte Balken eines Umganges zu sehen, darüber auf zwei Ebenen die Balken der Unter- und Oberkante des dazugehörigen Daches . Der Wehrgang fehlt an der talseitigen Schmalseite, wohl mit Rücksicht auf die Fenstergruppe. Weitere Holzgänge muß man sich an der bergseitigen Schmalseite vorstellen, wo eine aussen liegende Treppe zu den Hocheinstiegen im 2.OG und 3.Og führte . Von dieser Treppenanlage führte wahrscheinlich auf Höhe des 1.Og ein weiterer hölzerner Gang um die Ecke zum Hocheinstieg an der Südwestecke des 1.OG.

 

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