Schauenstein am Kamp
NÖ / Bez. Zwettl  / Gem. Krug

 

Grundriss und Baualterplan Mauerwerk mit Fugenstrich am Bergfried Blick vom
Bergfried
Reste der Rundapsis der Burgkapelle Blick ins Kamptal mit Schatten des Bergfrieds

Die Burgruine Schauenstein steht in beeindruckender Lage hoch über einer Schleife des Kamp. Es ist eine der wenigen Burgen Österreichs von der sich ein Rundblick bietet, der durch keinerlei neuzeitliche Bauten gestört ist: Von hier aus sieht man kein einziges Haus, keine Straße, keinen Strommasten. Erst in den letzten Jahren kam ein Wahnsinniger auf die Idee unmittelbar dort, wo sich der Besucher dieses ungestörten Ausblickes erfreuen sollte, ein scheußliches Senderkastl aus Hartplastik zu installieren.

Der Grundriss ist für eine österreichische Spornburg klassisch : Eine polygonale Ringmauer, deren Verlauf vom Gelände vorgegeben ist, davor ein massiver Halsgraben, ein frontal gestellter 5-eckiger Keilturm, daneben das eingezogene Flankentor, innen an die Ringmauer angestellte Wohngebäude.

Der Großteil der Ringmauer dürfte noch aus der Zeit um 1200 stammen, und ist bis auf ein Stück im Süden noch in voller Höhe erhalten. Im Bereich hinter dem Flankentor ist noch eine Teil einer gemauerten Treppe zu sehen, die ursprünglich wohl auf einen Wehrgang auf Zinnenhöhe geführt haben dürfte.

Der beeindruckende Bergfried sprengt in seiner Dimension das in Österreich Übliche: der 5-eckige Keilturm ist über 30 Meter hoch bei einer Seitenlänge von etwa 10 Metern. Die Spitze ist gegen die Angriffsseite gerichtet und ist dort in die an dieser Seite schildmauerartig verstärkte Ringmauer eingebunden. ( Der Zwickel zwischen Bergfried und torseitiger Ringmauer ist von nirgendwo begehbar und müßte daher ein Paradies für einen bergsteigerisch begabten Archäologen sein! ). In den unteren Stockwerken ist der Innenraum 4-eckig, d.h. die spitze Kante ist massiv ausgeführt und erreicht dadurch eine Stärke von über 6 Metern. Erst in den oberen Stockwerken, die aus einer Aufstockung aus der 2. Hälfte des 13. Jh. stammen, sind auch die Innenräume fünfeckig und daher wesentlich geräumiger, aber auch schwächer. An der Hofseite wurden die Lichtschlitze zu breiten Rechteckfenstern erweitert. Trotzdem fehlen die üblichen Hinweise auf Bewohnbarkeit ( Abtritt und Beheizbarkeit ). Der Hocheinstieg liegt an der Westseite, also nicht an der völlig geschützten Hofseite, sondern gegenüber dem ursprünglichen Palas. Unterhalb der Wehrplattform, die auch heute noch begehbar ist ( Schlüssel im Ort Krug ) lag ein überdachter Wehrgang, der an einer umlaufenden Reihe von Balkenlöchern zu erkennen ist.

Bergfried und westliche Ringmauer Palas, Doublierung der Ringmauer Palas, Doublierung der Ringmauer Palas, vermauerte Tür zur Burgkapelle

Die geringen Reste des romanischen Palas sind an der Innenseite der westlichen Ringmauer nachweisbar. Dort haben sich 2 Lichtschlitze in der  Ringmauer erhalten und 2 weitere in der heutigen Torhalle, alles andere ging bei einem kompletten Um- bzw. Neubau um 1300 verloren. Damals wurde der Palas in seinem heutigen Grundriss errichtet und die Ringmauer innen durch eine weitere Mauer doubliert. Die Baunaht zwischen der älteren Ringmauer und der gotischen Doublierung ist heute im Bereich der verlängerten Lichtschlitze und durch die verfallsbedingte Neigung der jüngeren Mauer besonders deutlich zu erkennen. Eine gerade Kante in der gotischen Mauer die auf den ersten Blick wie eine Türe wirkt, aber keine Fortsetzung in der Ringmauer hat, dürfte ein eingemauerter Wandschrank gewesen sein ( --> weitere Beispiele ). Leider ist die Hofseite des Palas an der sich die einzigen Fenster befunden haben völlig verfallen.

sekundäres, gotisches Burgtor unterhalb der Kapelle. Konsolen eines vermauerten Erkers im Bereich der Kapelle Hofseite des Torturms, im OG die Kapelle Schnitt durch Torturm und Kapelle. Links die Apsis.

Die Kapelle liegt im Bereich über der heutigen Torhalle. Dort ist noch der vermauerte Chorbogen, die Reste der abgebrochenen Rundapsis und eine vermauerte Türe zu erkennen, die vom Palas auf eine erhöhte Empore führte.
Im 14. Jahrhundert wurde das Burgtor an die heutige Stelle, unterhalb der Kapelle verlegt. Dabei wurde auch die Hofseite der Kapelle abgebrochen und die Kapelle um etwa einen Meter gegen den Hof hin verbreitert. Das ursprüngliche Tor neben dem Bergfried war nach der Errichtung eines vorgelagerten Zwingers von außen nicht mehr erreichbar. Rechts über dem gotischen Burgtor ist ein vermauerter Erker zu erkennen, der wie ein Abtritt aussieht, was allerdings im Bereich der Kapelle nicht wirklich Sinn macht. Möglicherweise wurde also die Kapelle nachträglich innen an die Ringmauer angestellt und dabei ein älterer Abtritt stillgelegt und vermauert.
 

gotischer Wohntrakt, Innenseite gotischer Wohntrakt,
Hofseite
gotischer Wohntrakt, Fenster mit Putzfasche und Dübellöcher für die Befestigung eines Fensterladens

Ebenfalls im 14. Jahrhundert wurde östlich der Kapelle ein weiterer, mehrstöckiger Wohntrakt angebaut, von dem heute nur noch die Hofseite erhalten ist, während die Ringmauer in diesem Bereich abgestürzt ist. Das Gebäude war 2-geschossig über einem etwas erhöht liegenden Kellergeschoß. Der Eingang lag im Bereich des heutigen Treppenaufgangs zur Kapelle, wo ein breiter , vermauerter Torbogen zu sehen ist.  An der Hofseite lassen sich an den Rechteckfenstern noch geringe Spuren von rechteckigen  Putzfaschen erkennen, sowie eingemauerte Holzdübel, an denen wohl Fensterläden befestigt waren.

Ein weiterer kleiner Wohnturm an der gegenüberliegenden Seite ist aus dieser Zeit erhalten. Die an Hand von Balkenlöchern nachweisbare Verbauung am talseitigen Ende des Burghofs ist völlig verschwunden. Um 1500 schließlich wurde gegenüber des Eingangs ein Wohntrakt an den kleinen gotischen Wohnturm angestellt, dessen obere Stockwerke über einen runden Treppenturm erreichbar waren.


Wegbeschreibung : Schauenstein liegt etwa 6 km westlich von Stift Altenburg. Auf der Straße von Altenburg nach Zwettl bei der Ortschaft Krug abbiegen, vom Parkplatz etwa 10 Minuten auf einem markierten, ebenen Fußweg zur Burg. Der Schlüssel zum Bergfried ist in einem Haus in Krug ausgeliehen werden, was mir allerdings bisher nur ein einziges Mal gelungen ist.
Koordinaten : 48.37'56.00''N 15.30'39.46'' O

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