OFFENBURG
 STMK. / Bez. Judenburg / Pöls

Die Offenburg liegt westlich von Pöls an einem Ausläufers des Ederkogels , der sich in Richtung Süden gegen das Pölstal zieht . Sie sperrte zusammen mit der auf der anderen Seite des Tales liegenden Burg Reifenstein den alten Handelsweg durch das Pölstal.

     

Der Burgplatz ist beinahe typisch für eine österreichische Burg: eine lange, schmale felsige Kuppe, die auf drei Seiten sehr steil , aber bei weitem nicht senkrecht abfällt und nur auf einer Schmalseite (in diesem Fall im Norden) durch einen schmalen Sattel mit dem Berghang verbunden ist. Da Angriff und Zugang nur von dieser Seite möglich war, finden sich hier alle Verteidigungsbauten, während die Wohnbauten auf der Talseite errichtet wurden.

Während die Hauptburg einen besonders trostlosen Eindruck macht, ist der Bergfried noch recht gut erhalten. Das auffälligste am Bergfried ist seine Lage. Er steht nicht - wie sonst üblich - in der Burg oder an ihrer Außenseite, sondern freistehend ca. 30 Meter vor der Burg. Der Grund für diese Lage ist nicht leicht nachvollziehbar. Wenn man an eine militärische Funktion denkt, muss im Verteidigungsfall die Besetzung dieses Turmes - ohne jeden Rückhalt von der Hauptburg - ein Himmelfahrtskommando gewesen sein.

       

Der Bergfried dürfte aus der ersten Hälfte  des 13. Jahrhunderts stammen. Er hat einen quadratischen Grundriss von 7 Meter Seitenlänge und ist ca. 18. Meter hoch erhalten. Bis zur halben Turmhöhe sind die Ecken aus Bruchstein, darüber aus  sorgfältig behauenen Quadern. Das Mauerwerk ist streng lagenhaft aus Bruchstein gemauert. Die Höhe der Lagen ist genau auf die Höhe der Eckquader abgestimmt .

Der Einstieg liegt an der feindabgewandten Südseite ungewöhnlich hoch, im vorletzten Stockwerk, fast 10 Meter über dem Geländeniveau und fast 20 Meter über dem Niveau des Weges.

Der Turm ist außen quadratisch. Wenn man durch ein an der Südseite ausgebrochenes Loch nach innen steigt, erkennt man, dass der Einstieg, der von außen gesehen fast mittig ist, innen ganz an der Ostseite liegt. Es sind also die Ost- und  die Nordseite wesentlich stärker als die weniger gefährdete Süd und Westseite.

Auf den Feindseiten ist der Turm völlig blind, aber auf der dem Weg zugewandten Westseite befinden sind mehrere Schlitzscharten bzw. Lichtschlitze,  auf der Südseite der Einstieg.

 
       

Der Turm hat jetzt noch vier erkennbare Geschoße: Das unterste ( in das man durch ein schmales Loch kriechen kann ) war wohl ein Verlies bzw. Keller, ist völlig ohne Öffnung und dürfte jetzt fast 4 Meter hoch verschüttet sein. Von einem besonders kurzen Lichtschlitz, der auf der Außenseite noch zu sehen ist, fehlt von innen jede Spur. Er lag knapp unterhalb der Holzdecke. Darüber liegt ein zweites Geschoß welches durch einen einzelnen Lichtschlitz an der Westseite notdürftig erhellt wurde. Zwischen diesen beiden Kellergeschoßen liegen  die Reste von zwei Balkendecken. Unten eine Reihe von eingemauerten runden Deckenbalken  von fast 40 cm Durchmesser ( der Traum jedes Dendrochronologen ) und nur 60 cm darüber eine Reihe von ca. 15x15 cm starken quadratischen Balken.

Die obere Balkenreihe läuft auf allen vier Seiten durch die ganze Mauerstärke und ist noch an der Außenseite zu sehen, auch dort, wo es gar keinen Innenraum gibt. Wahrscheinlich waren die unteren, dickeren Balken der Rest der Fußbodenkonstruktion und die kleinere obere Balkenreihe der Rest eines außen umlaufenden Laufganges, oder einer Dachkonstruktion. Das Zwischengeschoss war an der Ost und Nordseite ursprünglich um ca. 20 cm breiter, dieser Mauerrücksprung wurde aber nachträglich bündig mit dem darunter liegenden Geschoss vermauert.

Im nächst höheren Geschoss lag der gegen die Hauptburg gerichtete Hocheinstieg - eine Rundbogentüre mit schönem aber einfachem Hausteingewände, an der noch eine Türangel zu sehen ist. Die Türe war mit einem Riegelbalken versperrbar. An der Westseite ein einzelner, sehr hochliegender Lichtschlitz .

Die Grundfläche der beiden Kellergeschosse beträgt ca. 2.4x2.4 Meter. Im Einganggeschoss springen die Süd- und die Ostseiten um ca. 10 cm ein, ein Geschoss höher um weitere 20 cm. Eine Bewohnbarkeit des Turmes kann bei diesen Dimensionen ausgeschlossen werden.

Das Fundament des Turmes ist durch einen nachträglich angefügten ca. 5 Meter hohen, pyramidenstumpfförmigen Talus verstärkt. Da der Talus aus wenig sorgfältigem Bruchsteinmauerwerk geformt ist und zum eigentlichen Turm eine Baunaht zeigt, ist er wohl erst nachträglich hinzugefügt worden um den darunterliegenden Felsen zu verkleiden. Es fällt auf, dass der Talus sowohl auf der Darstellungen Clobucciarich's, als auch bei Vischer fehlt. An der Nordwestseite erkennt man eine weitere, wahrscheinlich ältere Verstärkung des Felsfundaments. Der ursprüngliche Turm - ohne Talus - muss wesentlich höher und schlanker gewirkt haben, als der Turm den wir heute sehen.

Südlich des Turmes liegt eine kleine ebene Fläche, die vielleicht zusammen mit dem Turm die eigene kleine Burg gebildet hat. Der freistehende Turm ist auch der mit Abstand am besten erhaltene Teil der Offenburg. Das begründet sich wohl in der Geschichte der Burg. Diese endete im Jahre 1590 mit einem Großbrand der Hauptburg, den der völlig isoliert stehende Turm  unbeschadet überstanden hat.

Von der Hauptburg, die auf Reicherts Zeichnung von 1865 noch als mächtige Ruine zu sehen ist, sind nur noch einige Mauertrümmer erhalten, die man ohne Zuhilfenahme der über 100 Jahre alten Zeichnung wohl kaum deuten könnte.
Jedenfalls war die Burg in zwei Teile geteilt. Eine spätgotische Vorburg, und dahinter die eigentliche Hauptburg .

Der Weg zur Burg führte westlich unter dem Bergfried vorbei, von einer teilweise gemauerten Rampe über eine auf gemauerten Pfeilern ruhende Brücke zu einem einst mächtigen Torturm, der jetzt nur noch mit Mühe als solcher zu erkennen ist. Der Torturm hatte mindestens drei Stockwerke, die Durchfahrt war gewölbt, die darüber liegenden Geschoße hatten Balkendecken. An seiner Stirnseite sind geringe Anzeichen eines Erkervorbaues zu erkennen.

Eine für LKW ausgelegte Schotterstrasse führt jetzt östlich des Torturmes, wo einst wohl ein Graben und eine Ringmauer gewesen sind, direkt in die Burg. Dahinter lag die spätgotische Vorburg. Reichert zeigt zwei längliche, nach Süden verlaufende Gebäude die an den Torturm anschließen, und so einen schmalen Hof bildeten. Das östliche davon ist noch in Ansätzen zu erkennen, das westliche ist völlig verschwunden. Es ist, wie der Torturm, wohl in der Spätgotik errichtet worden (das Mauerwerk zerbröselt bei der geringsten Berührung), und stand leicht erhöht auf einem Felsen. Da die Vorburg frühestens aus dem 14.Jhd stammt, stand der Bergfried ursprünglich also gute 50 Meter vor der Hauptburg.

Aussenseite des Wohnturms Wohnturm mit Lichtschlitzen Mauerwerk an der Innenseite des Wohnturms Innenseite des Wohnturms

Am Südostende dieses ersten Hofes stand ein turmartiges, mindestens vierstöckiges Gebäude mit leicht trapezförmigem Grundriss, wahrscheinlich ein Wohnturm, den Clobucciarich 1601, also nur 11 Jahre nach dem verheerenden Brand, noch vierstöckig gezeichnet hat, der aber bei Vischer 1690 bereits völlig fehlt. Man darf annehmen, dass auf Höhe dieses Turmes eine Quermauer den Hof abgeschlossen und von dem südlich davon gelegen Teilen der Burg getrennt hat.

Der Wohnturm hat einige Besonderheiten. An seiner am Abhang stehenden Ostseite erkennt man, dass zwei Mauern Rücken an Rücken aufgeführt wurden. Anscheinend  wurde ein älteres Gebäude durch eine zweite innen liegende Mauer verstärkt. Über der Höhe der älteren Mauer wurde die neuere dann in doppelter Stärke weitergeführt. An der Außenseite sind noch drei vermauerte, längliche Lichtschlitze zu erkennen, die im ältesten Mauerteil gelegen sind. In seinem untersten Geschoss ist der Ansatz eines Tonnengewölbes erkennbar, darüber die Reste von Balkenlöchern, die wohl die Zwischendecken trugen. Seltsamerweise waren die Balken nicht parallel zu den Außenmauern gespannt, sondern teilweise aus den Ecken heraus, in Richtung einer Diagonale.

verstärkte Wand des Wohnturms: rechts der ältere Teil Clobucciarich's Darstellung der Offenburg ( ca. 1601 ) Rekonstruktionsversuch

Südlich des Turmes ist das Gelände etwas erhöht. Vielleicht stand hier ein Gebäude, das an den Turm angebaut war, vielleicht handelt es sich nur um Schutt des Turmes.  Jede Möglichkeit die genauen Dimensionen des Wohnturmes zu erforschen wurden bei der Errichtung der Schotterstraße zerstört. 

Südlich dieses Mauerrestes ist so gut wie nichts mehr erhalten. Nur wenn man sich die Mühe macht die Burg von außen zu umrunden, erkennt man, dass eine Ringmauer dem natürlichen Verlauf des Felsens folgend an der Ost- und Westseite des Burgplatzes nach Süden führte. Sie war an mehreren Stellen von mächtigen Stützpfeilern gesichert. An der sichersten und vom Zugang am weitesten entfernten Stelle steht noch ein Mauerrest eines Gebäudes, an dem sich  Balkenlöcher über dem Erdgeschoß und der Rest eines Fensters erkennen lassen. Weiters ist an der Süd-Ostecke der Burg noch ein gebogenes spätgotisches Mauerstück erhalten, das vielleicht zu einem Rundturm gehörte, vielleicht aber auch nur einen gebogenen Abschluss  der Ringmauer bildete.

Etwa auf Höhe des Wohnturms kann man unterhalb der westlichen Ringmauer noch einen den Berghang hinunterführenden Mauerrest erkennen, der wohl zu einem ansonsten verschwundenen Zwinger gehörte.

 

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