HOHENWERFEN :
Salzburg / Bez. St.Johann / Werfen

Ähnlich wie bei Hohensalzburg  sollen hier nur die hochmittelalterlichen Teile der Burg beschrieben und die spätgotischen Befestigungen ignoriert werden. 

Gesamtansicht von Osten

Modell im Burgmuseum

Die Burg liegt auf einem  von der Salzach umflossenen Felskopf. Das Salzachtal war schon im Mittelalter eine wichtige Nord-Südverbindung , ähnlich wie heute wo die Burg von der stark befahrenen Tauernautobahn gut sichtbar ist.
Heute wird das Aussehen der Burg von den spätmittelalterlichen Erweiterungen geprägt : eine ausgedehnte Vorburg mit runden Batterietürmen, die die Geländestufe unterhalb der Vorburg umfasst.
In erstaunlichem Ausmaß hat sich hochmittelalterliche Bausubstanz im Bereich der Burgkapelle und des Saalbaus („Mushaus“), das heute das Restaurant beherbergt, erhalten.

Die Burgkapelle

Die romanische Burgkapelle ( im Plan orange dargestellt ), von er sich auf zwei Ebenen noch bedeutende Teile erhalten haben, ist der älteste erhalten Teil der Burg. Sie liegt an der Südostecke der Hochburg und ist kann im Rahmen der Führung besichtigt werden.

vermauerter Chorbogen an der Ostseite der Krypta

Freskenreste am Gewölbe der Krypta

Die Krypta liegt unterhalb des Fußbodenniveaus der heutigen Burgkapelle und ist über die Stiege, die von der Burgkapelle in den Holzzwinger führt erreichbar. Von einem Zwischenpodest führt eine rundbogige Türe in den längsrechteckigen,  genordeten Raum. An der südlichen Schmalseite ist ein vermauerter Chorbogen zu sehen, was sich dahinter befand ist nicht mehr erkennbar. Heute führt ein kleiner Lichtschlitz durch das 3 Meter starke, neuzeitliche Mauerwerk ins Freie.

An der Nordseite ist durch Wandpfeiler ein 2.5x2.5 Meter großer Raum ausgeschieden, der mit einem Kreuzgratgewölbe versehen ist. Das Gewölbe wurde über einer einfachen, rohen Bretterschalung gemauert, deren Abdrücke noch deutlich zu sehen ist. Eine Bemalung, die heute bis zur Unkenntlichkeit verbleicht ist, wurde direkt ( also ohne Putz ) auf das Gewölbe aufgebracht. 
An der Westseite des kleinen Raumes ist eine vermauerte Öffnung zu einem weiteren Raum erkennbar, in dem der direkte Abgang von der Kapelle zu Krypta zu vermuten ist.
 

der Kapellenerker stammt aus dem Totalumbau der Kapelle von 1565 Tonnengewölbe in der Krypta, Blick gegen Süden Baufuge rechts neben dem Kapellenerker

Die zweigeschossige Burgkapelle wurde durch Umbauten des 16.Jahrhunderts ( im Plan grün dargestellt ) stark verändert, als der ursprünglich gegen Süden auskragende Chorbereich wahrscheinlich durch Fundamentversagen einstürzte. Die Kapelle wurde daraufhin um 90 Grad gedreht und die heute erhaltene, gegen Osten gerichtete Apsis  errichtet. Dabei wurde zu diesem späten Zeitpunkt das für die Romanik typische Motiv der auskragenden Kapellenerkers verwendet. Gleichzeitig wurde dadurch der ursprüngliche Rücksprung zwischen Kapelle und Palas beseitigt und so die heutige fast 40 Meter lange, gerade durchlaufende Fassade geschaffen. Vom Holzzwinger aus ist die Baufuge zwischen Palas und der erneuerten Kapelle deutlich zu sehen. Diese endet aber über dem Restaurant, ein Hinweis, daß das oberste Geschoß erst mit diesem Umbau errichtet wurde.

Von der ursprünglichen, doppelstöckigen  Kapelle des 12. Jahrhundert sind die Nordwand und ein Teil der Ostwand mit bedeutenden Freskenresten erhalten geblieben.
Die untere Hälfte dieser Fresken ist heute in der Kapelle zu sehen, die obere Hälfte nicht ganz standesgemäß im Vorraum zu den Toiletten des Restaurants. Massive Beschädigungen entstanden durch den Einbau eines Gewölbes im 16. Jahrhundert.
 

Die Hure Babylon reitet auf einem
7-köpfigen Pferd
Hure Babylon, Detail : das Fußbrett des Damensattels

Im Erdgeschoß der ehemaligen Kapelle ist an der Nordseite im Bereich zwischen zwei Türöffnungen die Darstellung einer auf  einem Pferd mit sieben Drachenköpfen reitenden, festlich gekleideten Frau zu erkennen, die als
„Hure Babylon“ gedeutet wird.
Dieses Thema aus der Apokalypse wurde in den Zeiten des Investiturstreites als Synonym für das mit der Kirche verfeindetem Kaiserreich verwendet.



 

In der Türleibung findet sich der „Werfener Ritter“ : Das  lebensgroße Fresko ein Ritter mit gezogenem Schwert in der  typischen Rüstung des 12. Jahrhunderts: das Kettenhemd mit angearbeiteter Kapuze wird über einem knöchellangen Unterhemd getragen. In einer Hand hält er ein gerades Schwert, in der anderen einen langen mandelförmigen Schild mit der Aufschrift :VENIAT.MUND.NULL.TRANSIBIT.INULTUS ( Hier kommt keiner ungestraft vorbei ).

In einer zweiten vermauerten Türe an der Nordseite ist das stark zerstörte Fresko eines Mannes zu sehen der sich bückt um einen runden Gegenstand aufzuheben. Da die Freskenausstattung der Kapelle älter als der Saalbau ist, müssen die beiden Türen ursprünglich ins Freie geführt haben.

Auf zwei Emporen, die ebenfalls aus neuzeitlichen Umbauten stammen, sind mehrere Kelchbloch- und Knospenkapitelle verbaut, bei denen es sich durchaus um Spolien aus der mittelalterlichen Kapelle handelt könnte

vermauertes Rundfenster an der Ostseite der Kapelle. Fresken an der Ostseite der Kapelle Apostel im ehemaligen Obergeschoss ( Empore ?) der Burgkapelle

Von der anschließenden Ostseite hat sich ein nur 2 Meter langes Stück der ursprünglichen Kapelle erhalten, das durch den Abgang zum Holzzwinger noch weiter beeinträchtigt wurde. Erhalten ist ein Rundfenster mit zangenförmigen Querschnitt ( darinnen noch Reste des hölzernen Rahmens!) und daneben ein kreisrundes Medaillon, das die Form des Rundfensters aufgreift. Das Rundfenster wurde schon durch den Bau des Palas verstellt, die Kapelle ist also älter als der Palas.

Im ersten Obergeschoß der Kapelle wurden um 1980 bei Umbauarbeiten  Fresken aufgedeckt, die über einer Vorhangzone wahrscheinlich die 12 Apostel darstellen. Die Ostseite wurde leider durch den Ausbruch einer Türe zu den neu errichteten Toiletten des Restaurants völlig zerstört, was nicht gerade eine Sternstunde der vorrausschauenden  Bauforschung darstellt.

Der Saalbau :

Der Saalbau ( im Plan rot dargestellt) schließt als 15x33 Meter langer 3-stöckiger Bau nördlich an die Kapelle an und bildet auch heute noch das Hauptgebäude der Burg.

Mauerwerk des Pallas am Holzzwinger

Tuffsteinbögen der ehemaligen Biforen

Der hochmittelalterliche Bau hatte 3 Geschoße: zwei teilweise in, bzw. an den Fels gestellte Kellergeschoße und ein „Erdgeschoß“ , das heute wie damals vom Burghof aus ebenerdig lag, von der Talseite gesehen aber schon fast 18 Meter hoch und dadurch zum Tal hin eine beeindruckende Schauseite bot.
Der Aufgang zur Burg führte so wie heute an der Rückseite des an die Felswand gestellten Gebäudes, zwischen dessen West-Wand und dem Felsen 3 Stockwerke nach oben zum Burghof. An dieser Treppe lagen zwei primäre Türöffnungen in den Palas : Eine in das 1. Kellergeschoß und eine weitere in den Saalbau.
 

 2.Kellergeschoss : sogenannter Kokskeller

Neben dem spätgotischen Burgtor führt heute eine Türe in das -  als Museum genutzte - unterste Geschoss. ( Dort sind auch die beiden oben gezeigten Burgenmodelle ausgestellt ).
Der einheitliche, etwa 14x30 Meter große Raum wird durch 6 quadratische Pfeiler gegliedert, die eine gerade Holzdecke trugen. An den Pfeilersockeln und der West- und Südwand ist noch der abgearbeitete Burgfelsen zu erkennen.

Lichtschlitz an der Ostseite

Ecke des romanischen Saalbaus im Fallturm

Holzzwinger, links der Saalbau, Lichtschlitze von Kokskeller und Tischlerei. Rechts der Fallturm.

An der Ostwand haben sich 5 primäre Lichtschlitze erhalten. Diese liegen heute etwa 5 Meter über dem Niveau des im 15. Jahrhundert aufgeschütteten Holzzwingers, und etwa 11 Meter über dem ursprünglichen Niveau. Eine Aussenecke des Saalbaus ist heute im Verlies des Fallturmes zu sehen, und gibt einen Eindruck der ursprünglichen Höhe.

Die Fassade des romanischen Saalbaus war also über 30 Meter lang und an der Nord-Ost-Ecke fast 25 Meter hoch !
An der SW Ecke schneidet die ältere Kapelle in den rechteckigen Saalbau ein. An Hand der Baufuge ist klar erkennbar, dass der Saalbau an die ältere Kapelle angestellt ist.
 


 

1.Untergeschoß: sogenannte  „Tischlerei „

Von einem Zwischenpodest der Treppe führt eine primäre Türe in die sogenannte Tischlerei, die großteils analog zum darunter liegenden Geschoss ausgeführt ist. Die Laibung der Türe stammt noch aus der ersten Bauphase und zeigt keinen Riegelkasten, die Türe dürfte also schon im sicheren Bereich innerhalb einer Ringmauer gelegen sein.
Die 6 Mauerpfeiler aus dem darunter liegenden Geschoss werden mit leicht reduziertem Querschnitt bis zur Decke der Tischlerei geführt und dort in Rundbögen zu einer durchgehenden Mauer zusammengefasst. Sie bilden damit eine in Längsrichtung des Gebäudes verlaufende Zwischenmauer, auf der die Fußbodenkonstruktion des darüber liegende Saalgeschoßes aufliegen konnte. Die ursprüngliche Decken lag dabei an den Längsseiten auf Streichbalken auf, diese wiederum von eingemauerten Konsolen getragen wurden.

Saalgeschoß:

Tuffsteinbogen einer vermauerten Bifore Rekonstruktion des romanischen Saalbaus nach P.Schicht.
Ostseite.
romanisches Mauerwerk über dem spätgotischen Burgtor

Das mittelalterliche Saalgeschoß entspricht zur Gänze dem heutigen Bestand im Bereich des Restaurants, ist aber durch Vermauerung der ursprünglichen Fenster und durch neuzeitliche Zwischenwände stark verunklärt.
Die ursprünglichen Fenster sind an der Aussenseite noch gut zu erkennen: Dort sind an der nördlichen Schmalseite 3 runde Tuffsteinbögen zu erkennen, die heute teilweise vermauert, teilweise von neuzeitlichen Rechteckfenstern belegt sind. Ursprünglich dürfte es sich dabei um den Mauerbogen über einer Bifore handeln. ( Als Beispiel wie das Fenster ursprünglich ausgesehen haben könnte --> Trient ). Die mittlere der drei Fensternischen ist heute durch die Längstrennwand verstellt, die dadurch als in dieser Etage sekundär ausgewiesen wird. Das östliche der drei Fenster ist heute nur noch mit viel Verrenkung vom Dachboden des Fall-turmes aus zu sehen.
An der Längsseite lassen sich 6 weitere Biforen nachweisen, bzw. vermuten.
Auf Fotos die den ausgebrannten Saal nach dem Brand von 1931 zeigen ( im Vorraum des Restaurants ausgestellt ), kann man auch auf der Hofseite gleichartige Fensternischen erkennen.
Das Saalgeschoß dürfte also ein 15x30 Meter großer Raum mit äußerst repräsentativer Durchfensterung gewesen sein, in dessen SW Ecke die ältere Kapelle eingeschnitten hat. Dort dürfte es auch einen Zugang zur Kapelle gegeben haben, deren Geschosse zum Palas um ein halbes Stockwerk versetzt liegen.

Außer Kapelle und Saalbau  lassen sich auf der sehr ausgedehnten Anlage keine Bauten des 12. Jahrhundert nachweisen. Möglich wäre noch alte Bausubstanz an der Nordseite, in Verlängerung der Palas-schmalseite. So ist im Bereich über dem heutigen Burgtor keine Baufuge zu erkennen. Wie weit das romanische Mauerwerk gegen Westen reicht kann nicht geklärt werden, weil es im dort durch das Zeughaus von 1568 verstellt und dort durchgehend verputzt ist.
Nachweislich nicht romanisch ist der runde Glockenturm, der oft fälschlich als Rest eines Bergfrieds interpretiert wird.
 

 
(c) www.burgenseite.com